Rechtsfrage des Tages:
Ich werde demnächst meine erste Stelle als Arzt in einer Praxis antreten. Natürlich habe ich mich über meine Dokumentationspflichten informiert. Wie lange müssen wir in der Praxis aber Patientenakten aufbewahren?
Antwort:
Untersuchen, behandeln, heilen - neben seinen Hauptaufgaben muss ein Arzt sich noch um diverse andere Verpflichtungen wie die Aufklärung des Patienten und die Dokumentation kümmern. Gesetzliche Regelungen zur Dokumentationspflicht finden Sie im Bundesmanteltarifvertrag Ärzte, in der Berufsordnung und dem im Jahre 2013 neu eingeführten § 630 f Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Anamnesen, Diagnosen, Behandlungen, Befunde und noch einiges mehr müssen Sie nach diesen Vorschriften mindestens zehn Jahre aufbewahren. Wird in Ihrer Praxis wie mittlerweile üblich elektronisch dokumentiert, müssen Sie binnen dieser Frist die Daten zur Verfügung stellen können.
Es sind aber auch Fälle denkbar, bei denen eine längere Aufbewahrungszeit notwendig ist. Behandeln Sie beispielsweise einen chronisch kranken Patienten, sollten Sie auch auf ältere Daten Zugriff behalten können. Zumindest, solange sich der Patient bei Ihnen in Behandlung befindet. Und in bestimmten Fällen müssen Sie die Daten der Dokumentation mehr als 30 Jahre verfügbar halten.
Zunächst müssen Sie an den Fall denken, dass es bei einer Behandlung zu Komplikationen kommt. Schadensersatzansprüche eines Patienten aufgrund eines Kunstfehlers verjähren erst binnen 30 Jahren. Können Sie in einem möglichen Gerichtsverfahren die notwendigen Dokumentationen nicht mehr vorlegen, wird Ihnen das nicht selten negativ ausgelegt. Auch können Sie sich durch eine noch so sorgfältige Aufzeichnung nicht mehr entlasten, wurden die Daten bereits gelöscht. Fachkreise raten daher dazu an, die Unterlagen länger aufzubewahren. Sie sollten zumindest solange verfügbar sein, bis Sie mit Sicherheit nicht mehr mit Schadensersatzansprüchen zu rechnen brauchen.
Und um es noch etwas komplizierter zu machen: Bestimmte Unterlagen müssen Sie auch aufgrund gesetzlicher Regelungen länger als zehn Jahre parat haben. § 630 f BGB nennt zwar die allgemeine Frist von zehn Jahren. Die Regelung lässt aber offen, dass in anderen Vorschriften auch andere Fristen benannt werden können. Nach dem Transfusionsgesetz betragen die Fristen beispielsweise je nach Art der Unterlagen 15, 20 oder sogar 30 Jahre. Umgekehrt müssen Sie auch wissen, dass Sie bestimmte Unterlagen binnen bestimmter Fristen verpflichtend vernichten müssen. Nach der Kinder-Richtlinie müssen Restblutproben zum Beispiel spätestens nach drei Monaten vernichtet werden.
Wie Sie sehen, ist die Sache der Aufbewahrungsfristen gar nicht so einfach zu beantworten. Nähere Informationen bekommen Sie beispielsweise bei der Bundesärztekammer oder der Kassenärztlichen Bundesvereinigung.